du wirst wahrscheinlich nie so aussehen wie deine vorbilder

Ich trainiere jetzt schon seit insgesamt 15 Jahren

Als ich angefangen habe, gab es keine Fitness-Influencer, das Internet war noch nicht so allgegenwärtig, wie es heute ist, und unter Socialmedia verstand man noch SchülerVZ (ja, so lange ist das her…). Die öffentliche “Fitness-Szene” bestand aus ein paar vereinzelten Bodybuilding-Größen und wild gemischten Beiträgen und Diskussionen in einschlägigen Foren.

Ein paar Jahre später habe ich den ersten Fitness-Youtuber-Hype mitbekommen und mir täglich Trainings-Vlogs und 10.000-Kalorien-Challenges angeschaut. 

Fitness-Youtube war aber erst der Anfang. 

Die Fitness-Szene hat sich in den letzten Jahren drastisch und in einem schwindelerregenden Tempo verändert.

Die nicht so schönen Konsequenzen dieser Veränderung will ich in diesem Artikel hervorheben.

Part 1: Bodybuilding & Steroide

Diese Veränderung hängt unter anderem auch mit der Entwicklung des (Profi-)Bodybuildings zusammen - denn auch das hat sich verändert (wobei wir hier über mehr als 15 Jahre sprechen).

Übrigens nicht falsch verstehen:
Ich liebe Bodybuilding (und würde auch von mir behaupten, dass ich es betreibe). Aber es entwickelt sich in eine Richtung, mit der ich mich nicht mehr identifizieren kann.

Das moderne Profi-Bodybuilding ist zu einem Sport geworden, der mit Gesundheit nicht mehr viel zu tun hat und der ohne Steroide nicht mehr denkbar ist. Es hat sich von seinen anfänglichen Wurzeln - dem naturalen, gesundheitsorientierten Bodybuilding ohne den Einsatz von leistungssteigernden Substanzen - weit entfernt.

In anderen Sportarten erfolgt (meistens) ein medialer Aufschrei, wenn gedopt wird. 

Im  modernen Bodybuilding ist es hingegen zur Norm geworden (über die aber kaum öffentlich geredet wird). 

Und nicht nur, wer Mr. Olympia werden will, muss nachhelfen - auch in den meisten Amateur-Wettkämpfen sind Steroide weit verbreitet. Für Bodybuilder, die ohne Steroide auskommen, haben sich sogar eigene Verbände (wie z.B. der GNBF) gebildet - und selbst in diesen Verbänden gibt es immer wieder Vorwürfe, dass heimlich gedopt wird.

Diese Verknüpfung von Bodybuilding bzw. Krafttraining und Steroid-Missbrauch hat auch schon ihren Einzug in den Breitensport gefunden.

Bei einer Umfrage in Fitnessstudios in Norddeutschland in 1998 gaben 24% der Befragten (Aktiv Trainierende mit etwas Trainingserfahrung) an, schon einmal ihr Training durch die Einnahme verbotener Dopingsubstanzen unterstützt zu haben (Kujath et al. 1998). Und es wird geschätzt, dass in den Vereinigten Königreichen eine Millionen Menschen (~1,5% der Gesamtbevölkerung) Steroide benutzen, um entweder ihre sportliche Leistung zu verbessern oder ihr Erscheinungsbild zu verändern - Steroide sind damit nach Cannabis die am weitesten verbreitete Droge in der UK  (UKAD Report 2020). 

Exakte Zahlen sind leider schwer zu erheben (und werden selten erhoben), aber diese Ergebnisse lassen Vermutungen über die flächendeckende Verbreitung von Steroiden zu.

Ich verurteile es nicht, wenn Menschen (egal ob aus dem Profi- oder Breitensport) sich dazu entscheiden, Steroide zu nehmen. 

Andere Menschen trinken jedes Wochenende Alkohol, rauchen oder bewegen sich wenig - auch das ist alles ungesund. Jeder darf mit seinem Leben machen, was er will, solange er damit niemand anderen in Gefahr bringt.

Aber ich sehe es als systematisch gefährlich, wenn sich der Profi- mit dem Breitensport vermischt und sich die Grenzen von dem, was wirklich ohne Steroide möglich ist, verwischen.

Wenn die  unrealistischen, natural unerreichbaren Körperstandards ihren Einzug in den Mainstream halten (woran natürlich nicht nur exklusiv das Bodybuilding schuld ist).

Denn schon 2001 beobachteten Forscher, dass das durchschnittliche männliche Akt-Modell zwischen 1976 und 2001 im Schnitt 12 kg an Muskelmasse zugelegt und 9 kg an Fett verloren hatte (Leit et al. 2001; Pope Jr. et al. 2001).

Und seitdem hat sich dieser Muskelwahn nur noch weiter gefestigt und gesteigert. 

Mehr Muskeln, weniger Fett. 

Oder besser gesagt: Unerreichbar viele Muskeln, ungesund wenig Fett.

Um diese Entwicklung zu beobachten, muss man sich übrigens nicht spezifisch Akt-Modelle anschauen, sondern braucht einfach nur die Entwicklung in der Werbebranche, der Filmindustrie und das gängige Körperideal in den sozialen Medien zu beobachten.

Part II: “Fitstagram”

Bevor Social-Media zur Dauerwerbesendung wurde, ging es hauptsächlich darum, Momente aus dem eigenen Alltag zu teilen und Freunde und Bekannte so an seinem Leben teilhaben zu lassen.

Auf Instagram wurden Fotos vom Mittagessen, das obligatorische Feuerwerk-Silvester-Foto oder andere erwähnenswerte Momente geteilt. Und ab und zu vielleicht auch mal das oberkörperfreie Selfie aus dem Fitnessstudio.

Mit der Zeit hat sich etwas verändert: Nicht mehr allein die Freunde stimmen jetzt mit Likes über das gepostete Mittagessen ab, sondern potenziell die ganze Welt. Wenn ein Foto öffentlich gepostet wird, kann es rein theoretisch jede/r sehen und bewerten.

Und noch etwas hat sich verändert: Facebook kaufte die Plattform irgendwann auf und integrierte Werbeflächen und Monetarisierungsmöglichkeiten. Reichweite,  Views, Likes und Engagement wurden indirekt zu einer Art Währung.

Es gibt also mittlerweile einen Anreiz, Bilder zu posten, die möglichst vielen Menschen gefallen.

Aus sozialen und finanziellen Gründen.

Und was gefällt uns? 

Meistens nicht die durchschnittlichen Körper (wer will schon durchschnittlich durchtrainiert sein?!). Wir wollen nicht sehen, wie wir sind, sondern wie wir (eventuell) sein könnten. Attraktive, objektiv “schöne” Körper (muskulös und fettarm) performen gut auf Instagram und steigen in ihrer Beliebtheit kontinuierlich (Ahrens et al. 2022).

Das bedeutet auch, dass die Menschen, die genau diesem “Fitspiration”-Ideal entsprechen, vom Algorithmus bevorzugt werden.

Das Fiese dabei: Die Genetik spielt beim Aussehen eine wichtige Rolle. Und auch, wenn es im Bodybuilding so scheint, als würde dieser genetische Determinismus hier nicht gelten, so spielt die genetische Veranlagung gerade dort eine enorm große Rolle.

Wie das Sixpack liegt, wo wir als erstes Fett ansetzen, die Körpergröße, wie lang unsere Muskelbäuche und unsere Knochen sind, wie unsere Faserverteilung ausfällt - all das unterliegt der genetischen Varianz und lässt sich selbst durch das durchdachteste Trainingsprogramm der Welt nicht verändern. Was wir auf Instagram gezeigt bekommen - bzw. was wir gezeigt bekommen wollen - ist die genetische Elite, die Top 0,1%.

Der Fehlschluss, den wir dabei begehen, ist oft:

Wenn ich das mache, was mein Idol macht, dann werde ich auch so aussehen, wie mein Idol.

Als Analogie dazu: Schwimmer haben aber nicht primär ein breites Kreuz, weil sie viel schwimmen. Auch das ist ein Fehlschluss. Sondern sie sind gute Schwimmer, weil sie ein breites Kreuz und eine volle Brust haben.

Die meisten wirklich “krassen” Influencer, die man in den sozialen Medien sieht, hätten wahrscheinlich einen ästhetischen Körper - ganz egal, wie unsinnig sie ihr Training gestalten würden. Außerdem haben sie meistens viel mehr Zeit zur Verfügung, um zu trainieren und zu kochen (und es schön anzurichten) - ihr ganzes Leben richtet sich danach aus. 

Die bittere Wahrheit ist, dass das, was wir auf Instagram sehen, in den allermeisten Fällen NICHT erreichbar ist für den durchschnittlichen Trainierenden.

Im Wettkampf um die meisten Views schraubt sich der Körper-Wettkampf dabei immer weiter nach oben: Mehr Muskelmasse, krassere Definition, runderer Booty.

Hier verknüpft sich das Bodybuilding-Ideal mit dem Fitness-Hype.

Dass diese Umstände einen großen Anreiz für die Verwendung von Leistungs- und Muskelaufbau fördernden Substanzen bieten, erscheint mir logisch (immerhin geht es im Fitness-Markt um sehr viel Geld - wir sprechen hier von einem Markt, der Gesundheit und Attraktivität zugleich verkauft!). Denn wer krasser aussieht, verkauft auch mehr.

Und als wäre das nicht schon genug Realitätsverzerrung, werden auf Instagram auch nur Fotos gepostet, die besonders gut getroffen sind - der perfekte Winkel, das perfekte Licht, die perfekte Pose.

Dann wird noch etwas nachbearbeitet und schon ist das Ergebnis, das wir auf Instagram sehen, noch weiter von der Realität entfernt.

Das besonders perfide ist aber, dass das Konzept hinter Instagram uns suggeriert, dass diese Körper einerseits wirklich erreichbar sind und andererseits, dass die “Influencer” immer so aussehen. Denn Instagram ist ja ein soziales, den Alltag widerspiegelndes, Netzwerk - mit Menschen so wie uns. Oder?!

Fällt es uns bei einer Werbung deutlich einfacher zu unterscheiden zwischen Realität und gestellter Pose, so ist das auf Instagram deutlich schwieriger.

Wir können also gar nicht anders, als uns andauernd in einen negativen Aufwärtsvergleich zu begeben, in dem wir nur verlieren können.

Part III: Die Konsequenzen

Dieser Aufwärtsvergleich hat viele negative Konsequenzen für unsere eigene Körperwahrnehmung, unser Selbstbewusstsein, unsere Stimmung und unser Selbstwertgefühl (Henslee 2017; Schoenenberg & Martin 2020).

Body-Dysmorphia - die verzerrte, negative Wahrnehmung des eigenen Körpers - ist seit Jahren auf dem Vormarsch. Und das nicht nur bei Frauen, sondern vor allem auch bei Männern. Und auch die damit einhergehenden Essstörungen steigen bei Männern rasant schnell an (Lavender et al. 2017).

Vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen richten die unrealistischen Körperideale Schaden an. In einer groß angelegten Befragung aus dem Jahr 2019 kam die Mental Health Foundation. zu dem Ergebnis, das sich 40% aller Teenager in der UK durch den Social-Media Konsum unsicher in ihrem Körperbild fühlen und dass sich ⅓ der Erwachsenen sich mindestens einmal im Jahr schlecht wegen ihres Körpers fühlt.

Es wird Zeit aufzuwachen.

Es tut mir wirklich leid, das so hart sagen zu müssen, aber:

Du wirst niemals so aussehen, wie deine Vorbilder. 

Vor allem nicht wie die gestellten Fotos deiner Ideale! 

Das musst du akzeptieren.

Unsere Körperwahrnehmung hat sich mittlerweile so stark verzerrt, dass wir keine realistische Vorstellung mehr davon haben, wie viele Muskeln man als naturaler Athlet im Durchschnitt wirklich aufbauen kann.

Ich habe letztens ein Reel auf Instagram gesehen, in dem ein naturaler Bodybuilder nach 10 Jahren Training seinen durchtrainierten, deutlich überdurchschnittlich muskulösen Körper präsentiert hat - und die populärsten Kommentare sich darüber lustig machten, dass dieser Fortschritt auch in 1,2 Jahren zu erreichen sei.

So weit sind wir mittlerweile.

Wenn du dich mit unrealistischen Vorbildern vergleichst, wirst du verlieren.

Und dich nie gut genug und nie muskulös genug fühlen. Ich weiß das, denn ich habe es viele Jahre selbst durchgemacht.

Instagram ist, wenn es unreguliert genutzt wird, nicht gesund.

Und da hilft es leider auch nicht, sich einfach nur zu sagen: 

Ah, das weiß ich ja alles - ich bin dafür nicht anfällig.

Denn dein Unterbewusstsein saugt einfach alles auf, was du dir tagtäglich anschaust. Egal, wie du das findest.

Wenn du dich wirklich schützen willst, solltest du deine Instagram-Nutzung reduzieren.

Accounts, die unrealistische Körperbilder bewerben, entfolgen.

Und dich mehr mit dem auseinandersetzen, was wirklich, realistisch möglich ist.


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Bis zum nächsten Artikel!

Dein Freund und Coach,

Lukas

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